Glück, Zufriedenheit und die kleinen Dinge im Leben

Martin von „Fulda schenkt sich Glück“ im Interview

Aufmerksame Beobachter konnten heute in der Innenstadt Fuldas ein paar wunderschön bemalte und bis obenhin gefüllte Getränke-Kühlschränke entdecken. Was es damit auf sich hat und die Geschichte hinter dem Projekt „Fulda schenkt sich Glück“ erzählt uns Martin, der das Ganze mit viel Arbeit und noch mehr Herzblut ins Leben gerufen hat.

Hey Martin,  
Du bist Gründer und Kopf hinter der Aktion „Fulda schenkt sich Glück“, von der wir übrigens große Fans sind. Stell Dich doch mal kurz vor.

Ich bin eigentlich gar nicht so wichtig. Eigentlich soll FSSG im Vordergrund stehen, und nicht eine Person. Ich kann aber nachvollziehen, dass es ein Interesse an dem Menschen dahinter gibt. Deshalb erzähle ich auch gerne etwas von mir: Ich bin in Fulda geboren und aufgewachsen. Ich war oft und lange weg, bin aber immer zurückgekommen. Ich arbeite für ein Biotech-Unternehmen in Düsseldorf, bin aber meist hier. Zuständig war ich dort in der Vergangenheit besonders für Marketing und Finanzierung. Seit kurzem leite ich Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Deutschland und Malaysia. Der Job gibt mir jedoch viel Freiraum für andere Aktivitäten. Einteilen kann man die in drei Kategorien: das Gründen von Unternehmen, Musik und eben FSSG.

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Der Slogan von „Fulda schenkt sich Glück“ lautet „Mitmenschen Gutes tun. Einfach so.“ Erzähl uns doch mal, was es mit deiner Facebook-Seite und den Aktionen auf sich hat.

Ich will Impulse setzen. Für mehr Menschlichkeit, Herzlichkeit und Offenheit. Mit kleinen und mittlerweile auch größeren Aktionen versucht FSSG diese Werte zu kommunizieren. Angefangen habe ich, indem ich in der Innenstadt Glück in Form von 1 Cent-Stücken verschenkt habe. Und zwar jeweils zwei: eins zum Behalten, dafür dass die angesprochenen Personen selbst Glück haben und eins zum Weiterschenken. Die Hemmschwelle, selbst Glück zu verschenken, sollte möglichst niedrig sein.

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Mit der Zeit sind in meinem Kopf immer mehr Ideen entstanden, wie man die Botschaft von FSSG auch anders kommunizieren könnte. Zum Beispiel durch geschenkte Zeit in Form von 50 Cent-Stücken an einem Parkscheinautomaten oder durch die Abreißzettel-Aktion, die extrem viel Spaß gemacht hat und sehr gut angenommen wurde.

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Wie bist Du auf die Idee gekommen?

Ich weiß es ehrlich gesagt gar nicht so genau. Mein Kopf ist voll mit Ideen, die alle irgendwie raus müssen. Meist sind das neue Produkte oder Geschäftsmodelle. Also Ideen, die eigentlich in den Bereich Unternehmensgründungen fallen. Mein Problem dabei war in der Vergangenheit einfach, dass ich diese Ideen in meinem Kopf so groß hab werden lassen, dass sie mit kleinen Mitteln nicht mehr realisierbar waren. Und das hat dann zu Barrieren im Kopf geführt, so dass ich mit der Umsetzung gar nicht erst angefangen habe. Alles Kleine war dann nicht gut genug für den enorm hohen Anspruch, den ich auch an mich selbst habe. Also habe ich mir irgendwann Gedanken über Projekte gemacht, die ich bewusst im kleinen Maßstab und alleine realisieren kann. Dazu kam zum Zeitpunkt der Ideenentwicklung, dass ich mich sehr intensiv mit der Frage beschäftigt habe, was für mich eigentlich Zufriedenheit bedeutet und wie ich es schaffe Zufriedenheit zu generieren. Wir Menschen tendieren dazu unsere Zufriedenheit von externen Einflüssen abhängig zu machen. Davon wollte und will ich mich frei machen. FSSG ist ein Puzzlestück dabei. Ich will einfach mal erfahren, was mit mir und in mir passiert, wenn ich über einen langen Zeitraum einfach nur gebe. Ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

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Wie waren die Reaktionen bisher? Bist Du auch auf Ablehnung gestoßen?

Überwiegend positiv. Natürlich gibt es immer auch negatives Feedback. Es ist utopisch zu glauben, dass es auf diesem Planeten irgendwann mal etwas gibt, das ausnahmslos jedem Menschen gefällt. Aber ich begegne der Ablehnung ein Stück weit auch immer mit Selbstkritik und frage mich dann, ob ich FSSG überhaupt so erklärt habe, dass diese Botschaft beim Angesprochenen auch wirklich ankam. Manchmal sind Menschen aber vom Kopf her in genau dem Moment, in dem ich sie anspreche, einfach nicht gewillt Informationen von mir, über FSSG, aufzunehmen. Das ist dann auch ok.

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Was war die schönste Reaktion auf Deine Aktion?

Hmm, die schönste… Ich bin eigentlich kein Fan von Superlativen, aber ich probier’s mal. Ein Erlebnis steht relativ sehr weit oben auf der Liste. Auch wenn die Geschichte eher traurig ist. Im Museumshof habe ich mal ein Pärchen so Mitte 40 angesprochen. Die beiden saßen verlassen in ihrer Ecke und haben eine Hochzeitsgesellschaft beobachtet. Ein echt krasser Kontrast. Auf der einen Seite siehst du ausgelassen feiernde Menschen in Anzügen und Kleidern und auf der anderen Seite zwei vom Leben gezeichnete Personen. Der Mann hat erzählt, dass seine Freundin an Multiple Sklerose erkrankt ist und wie belastend das für beide ist. Er hat erzählt, dass er täglich zehn Stunden Stapler fährt, um dann nachmittags und abends seine Frau zu pflegen. Aber mit dem Arbeiten aufhören kann er nicht, einfach weil die beiden auf das Geld angewiesen sind. Eigentlich hat nur er wirklich gesprochen. Seine Freundin hat ab und zu hochgeschaut, gelächelt und genickt. Du hast echt gemerkt, wie schlecht es ihr körperlich und psychisch geht. Am Ende des Gesprächs haben sich die beiden bei mir bedankt. Für das Glück, das ich ihnen geschenkt habe, und das sie in der Tat so viel mehr als andere gebrauchen können. Aber noch mehr dafür, dass ich einfach nur zugehört habe. Es war echt krass, wie viel es den beiden augescheinlich gegeben hat, dass alles was da auf dem Herzen lag einfach mal raus konnte. Dass jemand einfach nur zuhört und Verständnis und Mitgefühl entgegenbringt. Das hat mich ein Stück weit geerdet. Und es hat mir gezeigt, dass Fulda schenkt sich Glück Menschen wirklich etwas geben kann.

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Oft sind es ja die kleinen Dinge im Leben, die den Stein ins Rollen bringen und etwas verändern. Was kann Deiner Meinung nach jeder einzelne von uns tun, um mehr Glück in die Welt zu bringen?

Sich mit dem Thema Mindfulness, im Deutschen wird das mit Achtsamkeit übersetzt, beschäftigen. Das hat seinen Ursprung in der buddhistischen Philosophie. (Pause) Wie ich aus dem Statement wieder raus komme weiß ich auch noch nicht, aber ich versuch’s mal. Und ich hoffe, dass ihr jetzt nicht die Hälfte eurer Leser verliert (lacht).

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Also, ich definiere Glück jetzt einfach mal als einen Zustand in dem Menschen friedvoll und zufrieden zusammenleben. Nur damit ich hier irgendwie die Kurve kriege. Ich bin der festen Überzeugung, dass uns Menschen drei Dinge dazu fehlen. Oder bleiben wir lieber mal bei zwei Dingen: erstens die Fähigkeit völlig unabhängig von externen Einflüssen Zufriedenheit zu entwickeln und zweitens ein höheres Maß an Empathie. Egal welche negative zwischenmenschliche Interaktion man betrachtet, sie ist letztlich immer zurückzuführen auf eine individuell wahrgenommene Unzufriedenheit. Häufig weil etwas in der Welt nicht so läuft, wie man es gerne hätte. Das heißt die Zufriedenheit ist abhängig von Ereignissen, die wir uns wünschen, die aber nicht eintreffen. Wenn wir uns von unseren Wünschen an die Außenwelt freimachen und akzeptieren, dass wir null Kontrolle darüber haben was andere über uns denken, wie andere reagieren und so weiter. Aber gleichzeitig einhundert Prozent Kontrolle über unsere eigenen Gedanken haben, dann glaube ich schaffen wir eine Grundlage dafür, trotz Negativerlebnissen zufrieden sein zu können. Unsere Erwartungshaltung hat einen enormen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Das ist im Privatleben so und im Job. Soviel zu Teil eins (lacht). Teil zwei ist meiner Meinung nach Empathie. Um es kurz zu machen: Menschen, die fähig sind, die Gefühle anderer lesen, nachempfinden zu können und diese dann auch zu respektieren, schlagen sich nicht die Köpfe ein. So einfach ist das. Und wenn wir eine Welt voller zufriedener und empathischer Menschen haben, wer soll sich dann bekriegen? Fehlt nur drittens – und das erspare ich uns, weil es eigentlich gar nicht so wesentlich ist wenn eins und zwei erfüllt sind. Ein höheres Maß an Gesundheitsbewusstsein. So, ich brauche jetzt erst nochmal ein Glas Wasser (lacht).

Kriegst du!

Für heute hast Du Dir etwas ganz besonderes einfallen lassen. Kannst Du uns dazu schon ein bisschen was verraten oder bleibt es erstmal eine Überraschung?

Seit gestern Abend ist es eigentlich keine große Überraschung mehr, weil ich Bilder geposted habe. Also: Der Sommer beschert Fulda auch heute wieder Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius. Für unsere erste richtig große Glücksaktion haben uns die wunderbaren Menschen von NullSechsSechsEins drei Kühlschränke umgestaltet. Unsere „Glücksschränke“ erkennt man jetzt nicht mehr sofort als Kühlschränke.

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Im Inneren finden neugierige Passanten gekühlte Getränke, an denen sie sich bedienen dürfen! Einfach so. Wir freuen uns darauf und hoffen, dass wir ganz vielen Menschen ein Lächeln auf die Lippen zaubern und den Tag verschönern können!

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Du sprichst von uns. Hast du ein Team?

Ja, alleine wäre die Aktion nicht wirklich realisierbar und schon gar nicht zu dokumentieren. Ich habe drei tolle Kameramänner / Video-Produzenten und einige fleißige Helfer, die dabei unterstützen und das ganze zu einer hoffentlich richtig schönen Aktion werden lassen! Und die Kühlschränke und Getränke sowie die Anlieferung sind ja auch alles nicht umsonst. Da bin ich wirklich dankbar, dass ich Firmen überzeugen konnte, die Aktion zu unterstützen.

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Eine Frage noch. Die Kühlschränke sehen ja nicht mehr aus wie Kühlschränke. Wie kriegt ihr die Leute dazu, dort reinzuschauen?

Die Frage haben wir uns auch gestellt und hoffen eine gute Lösung gefunden zu haben! Dazu musst du aber nachher vorbeikommen oder auf neue Bilder bei Facebook warten.

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Martin, vielen Dank für das Interview und für die großartige Freigetränke-Aktion! Liebe Grüße ans ganze „Fulda schenkt sich Glück Team“. Weiter so! Wir feiern Euch!

Für weitere schöne Aktionen und alle Bilder von heute checkt mal die Seite von „Fulda schenkt sich Glück“ hier auf Facebook.
(Pictures by Daniel Pfeffer.)

2 Kommentare

  • “Schenk der Welt ein lächeln und gib und einen DAUMEN HOCH, wenn du dich darüber freust.”

    Natürlich eine sehr Aktion, doch warum auf Likes angewiesen? Euer Kopf ist Marketing-Experte, nur mal so nebenbei.. Bitte um Antwort.

  • Hi Fabian,
    vielen Dank für Dein Feedback!
    Ich kann natürlich nicht für die Jungs und Mädels von „Fulda schenkt sich Glück“ sprechen. Ich habe die Aktion einfach nur gefeiert und wollte gerne darüber berichten. Ich kann Dir aber versichern, dass keiner von den Organisatoren oder Helfern an Ruhm, Ehre oder Likes interessiert ist.

    Vielleicht ist Dir schon aufgefallen, dass wir kein Bild von Martin gepostet haben, weil er sich als Person nicht in den Vordergrund stellen möchte, sondern die Aktion für sich sprechen lassen will.

    Warum das Ganze online „bewerben“ fragst Du? Zum einen wussten so mehr Leute gestern von den kostenlosen Getränken in der Innenstadt und konnten sich über eine Erfrischung freuen.

    Zum anderen kann man so natürlich auch andere ermutigen, ihre Ideen und Visionen umzusetzen. Widersprich mir, wenn Du anderer Meinung bist, aber wenn auch nur eine Person gestern davon gelesen hat und deswegen etwas Ähnliches veranstaltet, hat es sich doch schon gelohnt, oder?

    Liebe Grüße
    Harriet

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